Zinsen und ihre Rolle in der Wirtschaft und im Leben (teil 1 von 7): Eine Einleitung


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Zins wird im Oxford English Dictionary definiert als: “Geld, das für die Benutzung entliehenen Geldes bezahlt wird (Hauptbedeutung), oder für das Aufschieben einer Schuld, gemäß eines festgelegten Anteils.”[1]

In der Tat kennt der Einzelne und vermutlich die ganze Welt die Last der Zinsen nur zu gut, so dass keiner wirklich die oben zitierte Definition benötigt.  Zinsen sind etwas, das jedem bekannt ist, der in einem kapitalistischen Land lebt.  Sie sind in den modernen Ökonomien so institutionalisiert und akzeptiert worden, dass es fast unmöglich ist, sich vorzustellen, dass manche sie völlig ablehnen und jegliche Transaktionen, die Zinsen beinhalten, vermeiden.  Aber es gibt ergebene Muslime, die mit Zinsen nichts zu tun haben wollen. 

Der tatsächliche Grund, warum solche Muslime mit Zinsen nichts zu tun haben wollen, ist, dass Zinsen in der islamischen Religion verboten sind, wie wir in kürze genauer betrachten werden.  Zur gleichen Zeit glauben Muslime auch, dass Gottes Rechtleitung auf Seinem Wissen, Seiner Weisheit und Seiner Gerechtigkeit basiert.  Mit anderen Worten, Gott verbietet den Menschen nichts ohne irgendeinen Grund.  Daher gibt es zweifellos gute Gründe dafür – manche davon können wir deutllich erkennen – warum Gott diese Praktik verboten hat. 

In der heutigen Welt werden Muslime ständig mit Argumenten bombardiert, die den Handel mit Zinsen unterstützen.  Viele Muslime haben derartigem Druck und vermeintlich vernünftigen Argumenten nachgegeben, was dazu führte, dass sie das Konzept der Zinsen akzeptierten. 

Daher soll dieser kurze Artikel den islamischen Standpunkt bezüglich der Zinsen auf der Grundlage der Haupttexte des Glaubens diskutieren und auch eine vernünftige Diskussion über Zinsen anregen, um festzustellen, ob die Argumente die zugunsten der Zinsen vorgebracht werden, wahrhaftig gültig sind. 

Gottes Rechtleitung für die Menschheit 

Der Islam lehrt, dass Gott der Menschheit gnädig Rechtleitung in allen Aspekten des Lebens gegeben hat.  Diese Rechtleitung umfasst nicht nur gottesdienstliche Handlungen sondern alles von der Ethik in Ökonomie und Geschäftsleben bis hin zu ehelichen Beziehungen, internationalen Verbindungen, Sittenkodex für die Kriegsführung usw.  Es ist einer der unterscheidenden Züge der heutigen Muslime, dass sie noch immer an derartige Rechtleitung von Gott glauben, während so viele der Menschen ihre religiösen Lehren abgelegt oder verkauft haben, wenn es um „sekuläre“ Dinge geht. 

Es gibt zahlreiche Gründe, warum viele Muslime nicht denselben Weg verfolgen, den beispielsweise viele Juden und Christen eingeschlagen haben.  Einer der größten Gründe ist, dass Muslime davon überzeugt sein können, dass die Offenbarung, die die Grundlage der islamischen Religion bildet, seit der Zeit ihrer Offenbarung nicht verfälscht oder verdreht wurde.  Mit anderen Worten, es hat keinerlei menschliche Einflussnahme oder Veränderung an der Offenbarung gegeben.  Aus diesem Grund besteht kein Bedarf daran, jetzt daherzukommen und die Fehler der früheren Menschen zu beheben, wie sekuläre Juden und Christen argumentieren würden.  Tatsächlich wäre das einzige Ergebnis für Muslime, dass die Menschen die Offenbarung Gottes beschädigen, die von Gott gekommen ist. 

Zweitens glauben viele Muslime, dass ihnen nicht viele starke oder überzeugende Beweise gezeigt worden wären, dass ihre Religion irgendwie mit der Realität nicht mehr in Verbindung stehe oder in modernen Zeiten nicht mehr durchführbar wäre.  Im Islam beispielsweise hat es nie einen Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft gegeben, der zum Zusammenbruch des Vertrauens in die Kirche geführt hatte und zur eigentlichen Revolte gegen die Autorität der Religion, wie sie der Westen erfahren hat.[2]  Viele Menschen, auch manche Muslime, haben sich für zahlreiche Veränderungen im Islam ausgesprochen, aber in Wirklichkeit sind die Argumente, die sie vorbringen - milde ausgedrückt - fehlerhaft und fadenscheinig.  Der Fall der Zinsen, das Thema dieses Artikels, kann hierfür als vortreffliches Beispiel dienen.  

Interessanterweise, hat die Erfahrung des Verfassers gezeigt, dass viele Nicht-Muslime, obwohl der Islam in letzter Zeit ziemlich oft in den Medien aufgetaucht ist, nichts über seinen Standpunkt zu Zinsen wissen.  Daher wirft dieser Artikel Licht auf dieses interessante Thema, das kein totes, “mittelalterliches” Thema ist, sondern eines mit außerordentlicher Relevanz in unserer heutigen Welt. 

 


Footnotes:

[1] Oxford English Dictionary Software (Oxford, England: Oxford University Press, 2002), entry, “interest.”

[2] Ein klassisches Werk über die Geschichte der christlichen / europäischen Erfahrungen  im Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft ist John William Drapers History of the Conflict between Religion and Science (Geschichte des Konflikts zwischen Religion und Wissenschaft) (Order of Thelemic Knights, 2005). Der Titel sollte eigentlich korrigiert werden, denn es handelt sich um die Geschichte des Konflikts zwischen Wissenschaft und Christentum in Europa.  In seinem Werk  A History of the Intellectual Development of Europe (Eine Geschichte der intellektuellen Entwicklung Europas) (Honolulu, Hawaii: University Press of the Pacific, 2002), teilt derselbe John William Draper die Geschichte Europas in die Zeitalter des Glaubens, gefolgt vom Zeitalter der Vernunft, indem er noch einmal den Konflikt, der insbesondere im Christentum existiert (aber auch im Judentum): „Vernunft“ und „Wissenschaft“ contra „Glauben“.   Aber der Islam hat nie derartige Erfahrungen durchgemacht.  Die Übereinstimmung des Islam mit der modernen Wissenschaft ist eine Tatsache, die viele Konvertierte zum Islam getrieben hat.  Zum Beispiel studierte der nicht-muslimische Professor Tejatat Tejasen von der Chiang Mai University in Thailand die Beziehung zwischen Islam  und moderner Wissenschaft und stellte schließlich fest::  .

“In den letzten drei Jahren interessierte ich mich für den Qur´an...  Anhand meiner Studien….glaube ich, dass alles, was im Qur´an vor vierzehn Jahrhunderten berichtet wurde, die Wahrheit sein muss, die mit wissenschaftlichen Mitteln bewiesen werden kann.  Da der Prophet Muhammad weder lesen noch schreiben konnte, muss Muhammad ein Gesandter gewesen sein, der diese Wahrheit dargebracht hat, die ihm in einer Erleuchtung von einem, der als [Der] Schöpfer fähig ist, offenbart worden war.  Deshalb denke ich, ist es jetzt an der Zeit, zu sagen...[an dieser Stelle sprach Prof. Tejasen  das islamische Glaubensbekenntnis aus].” [Zitiert von  I. A. Ibrahim, A Brief Illustrated Guide to Understanding Islam (Ein kurzer illustrierter Wegweiser, um den Islam zu verstehen)  (Houston: Darussalam, 1997), S. 31.

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