Der wundervolle Qur´an (teil 7 von 11): Verschiedene Aspekte des Gesetzes


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Ich bemerkte fast sofort, dass die Lehren des Qur´an sehr umfassend, vollständig, ausgeglichen und praktisch anwendbar sind.  Um es kurz zu machen, werde ich diesen Aspekt nicht im Detail verfolgen, aber es war etwas, dass mich ziemlich beeindruckt hat.  Die Reichweite und Flexibilität der Gesetze des Qur´an sind beeindruckend.  Es wurde mir klar, dass dieses Buch nicht nur für ein Volk in einer bestimmten Zeit offenbart worden sein konnte, sondern für Völker unterschiedlicher Zeiten und Orte gedacht war.

 


Der Qur´an ist sehr umfassend darin, dass er bezüglich unterschiedlicher Themen aufgreift und deutliche Anweisungen gibt, bespielsweise bei rituellen Handlungsweisen des Gottesdienstes, Geschäftsbeziehungen, Heirat, Scheidung, Gesetze über Kriegsführung usw.  Es gibt eine eindeutige Ausgeglichenheit, die man verspürt, wenn man Qur´an liest.  In derselben Passage wird den spirituellen und weltlichen Bedürfnissen des Menschen gleichermaßen entsprochen.  Selbst die detailliertesten Passagen über Gesetze enthalten trotzdem noch Warnung, Erinnerung an Gott und Ermahnung, sich in bestmöglicher Weise zu verhalten.

 

Der Spielraum der qur´anischen Lehren besteht nicht nur für den Einzelnen selbst.  Es ist nicht so, dass Gott ihm eine Art spiritueller Leitung zuteil werden ließ, um vielleicht nur seine Moral und seinen Charakter zu leiten.  Statt dessen hat Gott ein Gesetz offenbart, dass für die Gesellschft als Ganzes gedacht ist.  Die Menschen brauchen nicht im Dunkel zu tappen und versuchen zu entscheiden, was das beste für die ganze Gesellschaft ist.  Es wurde uns bereits von Gott gegeben, um die Menschheit zur besten Lebensweise zu leiten.

 


Es deckt die persönlichen Interessen und Frömmigkeit des Individuums ebenso ab, wie seine Beziehungen zu seinen Eltern, Gatten, Kindern, Nachbarn, der Gemeinschaft und der ganzen Menschheit.  Dies alles in einer wohlausbalancierten Ausgeglichenheit und innerhalb des Rahmens, unser Leben ganz und gar des wahren und vollständigen Gottesdienstes für Gott allein zu widmen.  Es gibt für die Menschen ein ganz eindeutiges Lebensziel – den Gottesdienst – und alle Taten in diesem weltlichen Leben fallen unter dieses Ziel.  Es gibt im Leben eines Menschen keine Schizophrenie.  Er kann nicht versuchen, Gott und Caesar gleichzeitig oder auch zu unterschiedlichen Zeiten zu gefallen.  Er braucht auch nicht eitlen Begierden nachzujagen und seine Moral aufzugeben, um in dieser Welt ein lohnendes Leben zu führen.  Er braucht einfach nur in dieser Welt auf gesunde Weise unter dem Schatten der allumfassenden Leitung des Qur´an zu leben.

 


Ein besonderer Aspekt des Islamischen Gesetzes: Seine Anwendbarkeit

Zu jener Zeit, als ich mit meinem christlichen Hintergrund begann, mich mit dem Qur´an zu beschäftigen, war die Anwendbarkeit des Islamischen Gesetzes ein besoderer Aspekt, der mich wirklich sehr beeindruckt hat.  Es ist ein großer Segen, dass man im Islam detailierte Lehren vorfindet, die ihre angestrebten Ergebnisse nicht verfehlen, aber zur gleichen Zeit außerordentlich praktikabel sind und mit der menschlichen Natur übereinstimmen.  Der Mangel an solchen Lehren ist eines der größten Dilemmas des Christentums.  Zum Beispiel in Bezug auf gesellschaftlichen Zusammenhalt und Verbindung sind die größten Lehren des Neuen Testaments jene, die als sogenannte "harte Aussagen" von Jesus bekannt sind.  Es sind folgende:

 


“Ihr habt gehört, dass da gesagt ist (2. Mose 21, 24): "Auge um Auge, Zahn um Zahn."  Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Übel; sondern wenn dir jemand einen Streich gibt auf deine rechte Backe, dem biete die andere auch dar.  Und wenn dann jemand mit dir rechten will und deinen Rock nehmen, dem lass auch den Mantel.  Und wenn dich jemand nötigt, eine Meile, dann gehe mit ihm zwei.  Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht von dem, der dir abborgen will.  Ihr habt gehört, dass da gesagt ist (3. Mose 19, 18): "Du sollst deinen Nächsten lieben und deine Feind hassen."  Ich aber sage euch: "Liebet eure Feinde; (segnet, die euch fluchen; tut wohl denen, die euch hassen;) bittet für die, so euch (beleidigen und) verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel.  Denn er lässt seine Sonne aufgehen über die Bösen und über die Guten und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.  Denn wenn ihr liebet, was werdet ihr für Lohn haben?  Tun nicht dasselbe auch die Zöllner?  Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr Sonderliches?  Tun nicht dasselbe auch die Heiden?  Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist.” (Matthäus 5:38-48)

 


Selbst christliche Gelehrten sind verwirrt.  Wie sind derartig unmögliche oder unpraktikable Lehren anzuwenden?  Nur ein Beispiel aus einer Diskussion dieser Worte wird genügen, um zu zeigen, wie verwirrend sie für diejenigen sind, die fest an sie glauben.


[Um diese Worte zu interpretieren,]ist das Modell, das Joachim Jeremias vorschlug einfach, repräsentativ und von weitreichendem Einfluss.  Seinem Modell nach wird die Predigt für gewöhnlich auf eine dieser drei Arten gesehen: (1) als einen perfektionistischen Kodex, vollkommen auf der Linie des rabbinischen Judentums; (2) als ein unmögliches Idealbild, um den Gläubigen erst in die Verzweiflung, und dann zum Vertrauen in die Gnade Gottes zu bringen; (3)  oder als eine zeitweilige Ethik, von der vermutet wurde, dass sie nur für eine kurze Wartezeit anzuwenden ist und die jetzt keine Gültigkeit mehr besitzt.  Jeremias fügt noch seine eigene vierte These hinzu: Die Predigt ist eine zeigende Darstellung des beginnenden Lebens im Königreich Gottes, welches als eine seiner Bedingungen die Möglichkeit der Erfahrung einer Bekehrung voraussetzt.  Komplexere oder verständlichere Schematisierungen wurden geboten, aber die meisten Hauptdeuter können in Verbindung mit den Optionen des Jeremias verstanden werden.[1]

 


Im Islam gibt es solche Dilemmas überhaupt nicht.  Die Lehren sind einfach, flexibel, anwendbar und für das tägliche Leben absolut geeignet, auch für einen neuen Muslim, der in einem völlig unislamischen Umfeld lebt, so wie es bei mir der Fall war.  Der berühmte Schriftsteller James A. Michener bemerkte und erkannte diesen Aspekt des Islam ebenfalls an.  In einer der allerersten Schriften, die ich über den Islam gelese hatte mit dem Titel "Islam – die missverstandene Religion" schrieb Michener:


Der Koran bleibt bei seiner Erläuterung des guten Lebens bemerkenswert bodenständig.  In einer erinnernswerten Passage heißt es: ‘Wenn ihr Geschäfte miteinander abschließt, die zukünftige Verpflichtungen miteinschließen, schreibt sie nieder... und beruft zwei Zeugen...’  Es ist eine Kombination aus der Hingabe zu dem einen Gott und praktischen Anweisungen, das macht den Qur´an einzigartig.[2]



Footnotes:

[1] Lisa Sowle Cahill, Love Your Enemies: Discipleship, Pacifism, and Just War Theory (Minneapolis, MN: Fortress Press, 1994), S. 27.

[2] Quoted in Islam—The First and Final Religion (Karachi, Pakistan: Begum Aisha Bawany Waqf, 1978), S. 86-87.

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