Die Erbsünde_ teil 1


M. Abdulsalam

Artikel übersetzt in : English Français

 

“Und keine Seele wirkt, es sei denn, gegen sich selbst, und keine lasttragende (Seele) soll die Last einer anderen tragen.” (Quran 6:164)

“Die Väter sollen nicht für die Kinder noch die Kinder für die Väter sterben, sondern ein jeder soll für seine Sünde sterben.” (5. Mose 24:16)

Niemand kann leugnen, dass diese beiden Verse, der erste stammt aus dem Quran und der zweite aus der Bibel, auf dieselbe Bedeutung hinauszielen: dass der Gerechte Gott niemals Menschen für die Sünden anderer straft.

Das Christentum gibt an, dass Gott die Menschen erschuf, damit sie ewig im Himmel leben und als Adam von dem verbotenen Baum aß, bestrafte ihn Gott mit Tod und der Verbannung aus dem Himmel.  Sie behaupten darüber hinaus, dass dadurch, dass der Tod von seinen Nachkommen geerbt wurde, sie auch seine Sünde mitgeerbt haben, was in den Herzen der Menschheit einen permanenten Schandfleck hinterließ, der niemals entfernt werden könne, außer durch ein außerordentlich großes Opfer, wodurch Gott verpflichtet wäre, der Menschheit zu vergeben.  Das Opfer sei nichts anderes, als das Opfer Gottes selbst, Fleisch geworden in Seinem “Sohn” Jesus.  Aus diesem Grund verdammt das Christentum die gesamte Menschheit für die Sünde Adams zur Hölle, von der sie nie gereinigt werden können, außer durch den Glauben daran, dass Gott Fleisch geworden und für Adams Sünden gestorben sei, ritualisiert als Baptismus, durch den die Christen in dieser Welt “wiedergeboren” werden, aber dieses Mal frei von Sünden.[1]  Daran sehen wir, dass die “Erbsünde” die Grundlage der unterschiedlichen christlichen Glaubensrichtungen bildet, von der Kreuzigung Jesu´ bis hin zum Konzept der Erlösung und der Rettung vor der Hölle.  Sie bildet die eigentliche Grundlage für die Mission Jesu´ selbst.

Und damit stellt sich die Frage: ist die Menschheit an der Sünde schuldig, die Adam begangen hat, indem er von dem verbotenen Baum aß?  Müssen wir alle diese große Sünde bereuen?  Auf welche Weise soll man bereuen?  Und wenn es so ist, wie sieht dann das Schicksal derjenigen aus, die dies nicht tun?

Der Islam befürwortet streng die Vorstellung, dass die Strafe für Sünden nur diejenigen trifft, die sie auch begangen haben.  Sünde ist kein Erbstück oder Schandfleck, der von einer Generation zur anderen übergeht.  Alle Menschen sind für das verantwortlich, was sie selbst in diesem Leben getan haben.   Obgleich der Quran auch die Sünde Adams erwähnt und wie dieser aus dem Paradies verbannt worden ist, er lädt aber nicht die Verantwortlichkeit dafür auf die Schultern seiner Nachkommen.  Von keinem anderen Propheten vor Jesus ist bekannt, dass er dieses Konzept gepredigt hatte, noch gab es andere Glauben oder Riten, die auf diesem Glauben gründeten.  Vielmehr wurde die Errettung vor der Hölle und das Erreichen des Paradieses durch den Glauben an den Einen Gott erreicht und den Gehorsam gegenüber Seinen Befehlen, eine Botschaft, die von allen Propheten gepredigt wurde, einschließlich Muhammad , möge Gott ihn loben.

Der All-Verzeihende, der Barmherzige

Was die Sünde Adams angeht, sagt uns der Quran, dass er für seine Sünde bereute.  Gott offenbarte ihm Worte, mit denen er bereuen sollte, die Er akzeptierte.

“Da empfing Adam von seinem Herrn Worte, worauf Er ihm verzieh; wahrlich, Er ist der Allverzeihende, der Barmherzige.” (Quran 2:37)

Dadurch, dass Gott Adams Reue angenommen hat, war Adam von der Sünde, die er begangen hatte, befreit.  Im Quran schreibt Gott Sich Selbst wiederholt die Eigenschaft der Gnade und Vergebung zu.  Er erwähnt auch, dass von Seinen Namen der All-Verzeihende, der Barmherzige, der die Reue Annehmende und andere die Allumfassende Gnade Gottes beschreiben.  Selbst zu jenen, die viel gesündigt haben und die Hoffnung auf Gottes Vergebung fast aufgegeben haben, sagt Er:

“Sprich: ‘O meine Diener, die ihr euch gegen eure eigenen Seelen vergangen habt, verzweifelt nicht an Gottes Barmherzigkeit; denn Gott vergibt alle Sünden; Er ist der Allverzeihende, der Barmherzige.’” (Quran 39:53)

Wenn jemand sündigt, braucht er nur wirklich aus ganzem Herzen zu bereuen, und er wird Gott Barmherzig finden.  Adam hatte gesündigt, und die Sünde befleckte sein Herz, aber sie wurde durch die Reue entfernt.  Der Prophet Muhammad sagte:

“Wahrlich, wenn ein Gläubiger sündigt, bedeckt ein schwarzer Fleck sein Herz.  Wenn er bereut, seine Sünde lässt und die Verzeihung dafür erbittet, wird sein Herz wieder rein.  Wenn er weiter macht (anstatt zu bereuen) wächst er, bis er das ganze Herz bedeckt... “ (Ibn Maajah)

Selbst wenn wir annehmen, Adam hätte nicht bereut, wird der Schandfleck nicht den nachfolgenden Generationen weitergegeben.  Daran sehen wir dass Gott keinerlei physikalischer Opfer bedarf, um Sünden zu vergeben und dass keine Sünde für Seine Gnade zu groß ist, um Seiner Außerordentlichkeit und Vollkommenheit irgendeinen Mangel zuzuschreiben.  Der Prophet Muhammad berichtet uns, dass Gott sagte:

“O Sohn Adams, solange du Mich rufst und Mich bittest, vergebe ich dir, was du getan hast, und es macht Mir nichts aus.  O Sohn Adams, wenn deine Sünden die Wolken im Himmel erreichen würden und wenn du Mich dann um Vergebung bitten würdest, würde Ich dir vergeben.  O Sohn Adams, wenn Du mit Sünden fast so groß wie die Erde zu Mir kommen würdest, und wenn du dich Mir dann zuwenden würdest, Mir keinen Teilhaber zugesellst, werde ich dir Vergebung entgegen bringen, die fast genauso groß ist.” (Al-Tirmidhi)

Gott sagt über das Opfern im Quran, dass die Absicht der Person, die opfert, wichtig ist, und nicht das tatsächliche Opfer selbst.

“Ihr Fleisch erreicht Gott nicht, noch tut es ihr Blut, sondern eure Ehrfurcht ist es, die Ihn erreicht...” (Quran 22:37)

Wenn wir diesen Vers mit der Erbsünde in Beziehung setzen, aufgrund derer Gott Selbst Fleisch wurde, um Sich zu opfern, damit Er der ganzen Menschheit vergeben kann, dann sehen wir, dass auch wenn Adam Gott nicht um Verzeihung gebeten hätte, Gott den Menschen aufgrund Seines Eigenen Opfers vergeben hätte.  Hätte Er ihnen nicht auch ohne ein solches Opfer vergeben können? 

Auch in der Bibel wird erwähnt:

“Was soll mir die Menge eurer Opfer?  Spricht der HERR, Ich bin satt der Brandopfer von Widdern und des Fettes von Mastkälbern und habe keinen Gefallen am Blut der Stiere, der Lämmer und Böcke.  Wenn ihr kommt, zu erscheinen vor mir – wer fordert denn von euch, dass ihr meinen Vorhof zertretet?  Bringt nicht mehr dar so vergebliche Speisopfer!  Das Räucherwerk ist mir ein Greuel!  Neumonde und Sabbate, wenn ihr zusammenkommt, Frevel und Festversammlung mag ich nicht!  Meine Seele ist Feind euren Neumonden und Jahresfesten; sie sind mir eine Last, ich bin´s müde, sie zu tragen.  Und wenn ihr auch eure Hände ausbreitet, verberge ich doch meine Augen vor euch; und wenn ihr auch viel betet, höre ich euch doch nicht; denn eure Hände sind voll Blut.  Wascht euch, reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen, lasst ab vom Bösen!  Lernet Gutes tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schaffet den Waisen Recht, führet der Witwen Sache!

So kommt denn und lasst uns miteinander rechten, spricht der Herr.  Wenn eure Sünde auch blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden, und wenn sie rot ist wie Scharlach, soll sie doch wie Wolle werden.”[2]



Footnotes:

[1] Apol., I, Ixvi.

[2] Jesaja 1:11-18

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