Warum fasten Muslime? _ teil 2
Die Ebene des Geschlechtstriebs
Der Sexualinstikt und Geschlechtstrieb (Libido) werden auf dieser Ebene des Fastens gezügelt. In diesen Zeiten, wo die Medien kontinuierlich auf sexuelle Begierden anspielen, um Produkte anzupreisen und zu verkaufen, ist die Fähigkeit, diese starken Begierden unter Kontrolle zu bekommen, eine enorme Bereicherung. Fasten reduziert die sexuellen Begierden und die Tatsache, dass der Fastende alles, was ihn stimulieren könnte, vermeiden soll, verhilft ihm psychologisch, seinen Geschlechtstrieb zu vermindern. Der Prophet Muhammad, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, sagte:
“O ihr Jungen, wer von euch in der Lage ist, zu heiraten, soll es tun, denn es hält den Blick zurück und schützt das Geschlecht. Wer nicht in der Lage ist, zu heiraten, soll fasten, denn es ist ein Schutzschild.” (Sahieh Al-Bukhari)
Indem man sich von den sexuellen Handlungen enthält, die einem erlaubt sind, fällt es dem Fastende leichter, sich von verbotenen sexuellen Handlungen fernzuhalten, wenn er nicht fastet.
Die emotionale Ebene
Das Fasten auf dieser Ebene beinhaltet, viele negative Emotionen unter Kontrolle zu bringen, die in der menschlichen Seele und im Kopf vor sich hin köcheln. Eines der zerstörerischsten Gefühle ist zum Beispiel die Wut. Fasten hilft dabei, diese Gefühle zu kontrollieren. Der Prophet Muhammad sagte:
“Wenn einer von euch fastet, sollte er sich von unanständigen Taten und unnötigem Gerede fernhalten, und wenn jemand beginnt, unanständig zu sprechen oder versucht, zu Streit anzufangen, sollte man einfach zu ihm sagen: ´Ich faste.´” (Sahieh Al-Bukhari)
Daher sollten alle negativen Emotionen, welche den Fastenden herausfordern könnten, auf dieser Ebene vermieden werden. Man muß sich von unanständigen Gesprächen und hitzigen Diskussionen fernhalten. Selbst wenn man im Recht ist, ist es besser, darauf zu verzichten und sein Fasten auf der emotionalen Ebene einzuhalten. Dementsprechend wird das negative Gefühl der Eifersucht auf den Hauptnenner der Enthaltung gedämpft; keiner ist in dieser Hinsicht einem anderen überlegen.
Die psychologische Ebene
Diese Ebene hilft dem Fastenden, schlechte Gedanken zu kontrollieren und trainiert ihn oder sie, bis zu einem gewissen Grad, wie man Knauserigkeit und Geiz überwinden kann. Es wird berichtet, dass der Prophet gesagt hat:
“Allah braucht den Hunger und den Durst einer Person nicht, die nicht davon ablässt, Lügen zu erzählen und danach zu handeln, auch wenn er fastet.” (Sahieh Al-Bukhari)
In dieser Zeit der unmittelbaren Befriedigung, wo die Dinge dieser Welt genutzt werden, um die Bedürfnisse und Wünsche des Menschen beinahe sofort, wenn sie auftreten, zu stillen, ist die Fähigkeit, die Erfüllung hinauszuzögern eine wichtige Fertigkeit. Was zwischen der unmittelbaren Befriedigung ung der verzögerten Befriedigung liegt, ist Geduld. Während des Fastens lernen die Gläubigen Geduld und ihren Nutzen.
Aus einer psychologischen Perspektive ist es gut, von den Dingen dieser Welt einen gewissen Abstand zu haben. Es ist nichts Falsches dabei, ein gutes und erfülltes Leben zu führen – tatsächlich kann und sollte man das erwarten. Allerdings ist es wichtig, dass wir Menschen in der Lage sind, uns von den materiellen Dingen zu lösen, damit sie nicht zum allerwichtigsten Teil unseres Lebens werden. Das Fasten gibt einem Gelegenheit, viele der Neigungen, die Teile des modernen Lebens geworden sind, zu überwinden. Essen bereitet vielen Menschen Trost und Freude und die Fähigkeit, sich davon lösen zu können, gibt den fastenden Menschen den psychologischen Nutzen, zu wissen, dass sie zu einem gewissen Grad die Kontrolle darüber haben, was sie tun und was sie nicht tun.
Die spirituelle Ebene
Um diese höchste und wichtigste Ebene des Fastens zu erreichen, die Ebene des Gottes-Bewusstseins, machte der Prophet die Erneuerung der Absicht für das Fasten vor jedem Fastentag zur Pflicht. Es wird überliefert, dass er gesagt hat:
“Wer vor Fağr (der Mogerdämmerung) nicht beabsichtigt, zu fasten, der fastet nicht.” (Abu Dawud)
Die tägliche Erneuerung der Absicht verhilft dazu, eine spirituelle Grundlage der Aufrichtigkeit zu erreichen, die unentbehrlich ist, damit die reinigenden Wirkungen des Fastens zu tragen kommen. Aufrichtiges Fasten reinigt und sühnt von Sünden, wie der Prophet sagte:
“Wer den Ramadhan aus aufrichtigem Glauben fastet und die Belohnung von Gott erhofft, dem werden seine vorherigen Sünden vergeben.”
Es wird von ihm auch berichtet, dass er sagte: "Von einem Ramadhan zum nächsten ist die Sühne für die Sünden dazwischen." Aufrichtiges Fasten bringt einen näher zu Allah und man erhält eine besondere Belohnung. Der Prophet teilte uns mit, dass es im Paradies ein besonderes Tor gibt, das Rayyaan genannt wird, das ist den Fastenden vorbehalten. Und er sagte ebenfalls:
“Wenn Ramadhan kommt, sind die Tore des Paradieses offen.” (Sahieh Al-Bukhari)
Das Fasten ist in erster Linie zwischen der Person und Gott, denn niemand kann sicher sein, dass irgendjemand tatsächlich fastet. Der Prophet zitierte Allah, indem er sagte:
“Jede Tat von den Kindern Adams ist für sie selbst, außer dem Fasten, das ist für Mich Alleine, und Ich Alleine werde den Lohn dafür geben.” (Sahieh Muslim)
In Verbindung mit den vorigen Ebenen des Fastens verändert diese Ebene eine Person von innen heraus. Es kräftigt, belebt und erneuert die Spiritualität des Fastenden und verändert ihre oder seine Persönlichkeit und Charakter radikal. Dies sind die kostbaren Ergebnisse eines erhöhten Zustandes des Gottes-Bewußtseins.
Am ersten Tag des folgenden Monats, wenn der andere neue Mond gesehen worden ist, wird ein besonderes Fest gefeiert, das Id al-Fitr genannt wird. Eine Menge eines Grundnahrungsmittels wird den Armen gespendet (Zakat al-Fitr), jeder hat gebadet und seine beste möglichst neue Kleidung angelegt und am frühen Morgen werden Gemeinschaftsgebete abgehalten, gefolgt von Feiern und Besuchen bei Freunden und Verwandten.
Es gibt noch andere Fastentage im Jahr. Muslime werden ermutigt, sechs Tage im Schawwal, dem Monat nach dem Ramadhan zu fasten, montags und donnerstags und am neunten und zehnten oder zehnten und elften des Muharram, dem ersten Monat im Jahr. Der zehnte Tag, Aschura genannt, ist auch ein Fastentag bei den Juden (Yom Kippur) und Gott befahl den Muslimen, zwei Tage zu fasten, um sich von den Leuten der Schrift zu unterscheiden.
Während Fasten an sich empfohlen wird, wird durchgehendes Fasten, Zölibat und andere Arten, sich von der realen Welt zurückzuziehen, im Islam verbannt. An den beiden Festtagen, Id al-Fitr und Id al-Adha, dem Fest des Hağğ, ist das Fasten absolute verboten.