Der Gottbegriff im Islam (teil 1 von 2): Ein einzigartiges Konzept
Es ist eine bekannte Tatsache, daß jede Sprache einen oder mehrere Begriffe hat, die für Gott und manchmal zugleich für niedrigere Gottheiten benutzt werden. Dies ist bei Gott nicht der Fall. Gott ist der persönliche Name des Einen Wahren Gottes. Nichts anderes ausser der Eine Gott mit all Seinen persönlichen und einzigartigen Namen und Eigenschaften kann “Gott” genannt werden. Dieser Begriff besitzt weder Plural noch Geschlecht. Dies zeigt seine Einzigartigkeit verglichen mit dem Wort “Gott”, von dem man den Plural bilden kann wie “Götter” oder auch die weibliche Form wie “Göttin”. Es ist interessant, zu bemerken, daß Allah der persönliche Name Gottes auf aramäisch ist, der Sprache Jesu und einer Schwestersprache des Arabischen.
Der Eine Wahre Gott ist eine Widerspiegelung des einzigartigen Konzepts, das der Islam mit Gott verbindet. Für einen Muslim ist Gott der Allmächtige Schöpfer und Erhalter des Universums, Dem nichts ähnlich und mit Dem nichts vergleich-bar ist. Der Prophet Muhammad wurde von seinen Zeitgenossen über Gott be-fragt; die Antwort bekam er direkt von Gott Selbst in Form eines kurzen Kapitels des Quran, das als Essenz der Einheit oder das Motto des Monotheismus betrachtet wird. Es ist Kapitel 112, das lautet:
“Im Namen Gottes, des Allerbarmers, des Barmherzigen.”
“Sag (O Muhammad): Er ist Gott, ein Einer, Gott, der Überlegene. Er hat nicht gezeugt und ist nicht gezeugt worden, und niemand ist Ihm jemals gleich.”
Manche Nicht-Muslime behaupten, daß Gott im Islam ein strenger und grausamer Gott sei, Der befiehlt, Ihm sei absoluter Gehorsam zu leisten und dementsprechend sei Er nicht liebend und gütig. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein als diese Behauptung. Es genügt zu wissen, daß mit einer Ausnahme jedes der 114 Kapitel im Quran mit dem Vers beginnt: “Im Namen Gottes, des Allerbarmers, des Barmherzigen.”
In einer Aussage des Propheten Muhammad, möge Gott ihn loben, wird uns gesagt:
“Gott ist liebender und gütiger als eine Mutter zu ihrem geliebten Kind.”
Andererseits ist Gott auch gerecht. Aus diesem Grund müssen Übeltäter und Sünder ihre angemessene Strafe erhalten, und die Rechtschaffenen müssen Gottes Großzügigkeit und Wohlwollen bekommen. In Wirklichkeit offenbart sich die Gnade als Gottes Eigenschaft in Seiner Eigenschaft der Gerechtigkeit. Die Men-schen, die ihr ganzes Leben um Seinen Willen leiden, sollten nicht dieselbe Be-handlung von ihrem Herrn erhalten, wie Menschen, die ihr Leben lang andere unterdrücken und ausbeuten. Hätten sie eine ähnliche Behandlung zu erwarten, würde es darauf hinauslaufen, daß sie den wahren Glauben an die Rechenschaft des Menschen im Jenseits verleugnen würden und damit ebenso den Antrieb für ein sittliches und rechtschaffenes Leben in diesem Leben verlieren. Folgende Quranverse sagen dies sehr deutlich:
“Gewiß, für die Gottesfürchtigen wird es bei ihrem Herrn die Gärten der Wonne geben. Sollen Wir etwa die Gottergebenen den Übeltätern gleichstellen? Was ist mit euch? Wie urteilt ihr?” (Quran 68:34-36)
Der Islam lehnt es ab, Gott irgendwelche menschlichen Eigenschaften zuzu-schreiben oder Ihn abzubilden, wie es bestimmte Individuen oder Völker dies auf der Grundlage von Reichtum, Kraft oder Rasse tun. Er erschuf die Menschen alle gleich. Sie können sich lediglich durch Rechtschaffenheit und Frömmigkeit hervortun und Seine Gunst erreichen.
Die Vorstellungen, daß Gott am siebten Tag ausgeruht haben soll, daß Gott mit einem Seiner Soldaten gekämpft haben soll, daß Gott ein mißgünstiger Ränke-schmied gegen die Menschheit sei oder daß Gott in irgendeinem Menschen wiedergeboren wird, dies alles ist aus der Sicht des Islam Blasphemie (Gottes-lästerung).
Die einzigartige Verwendung von “Gott” als persönlichen Namen für den Einen Gott mit all Seinen persönlichen Namen und Eigenschaften spiegelt die Betonung des reinen Glaubens an Gott im Islam wider, der die Essenz der Botschaft aller Gesandten Gottes darstellt. Aus diesem Grund betrachtet der Islam das Beigesellen irgendeiner Gottheit oder Person zu Gott als Todsünde, die Gott niemals vergeben wird, wenn sie nicht bereut wird, obgleich Er alle anderen Sünden vergeben kann, selbst wenn vor dem Tod keine Tawba (Reue) für diese geleistet wird.
Der Schöpfer muß von anderer Beschaffenheit als Seine Geschöpfe sein, denn wenn Er dieselbe Beschaffenheit hätte, wie sie, dann wäre Er vergänglich und würde eines Urhebers bedürfen. Daraus folgt, daß nichts wie Er sein kann. Desweiteren: Wenn der Urheber nicht vergänglich ist, dann muß Er Ewig sein. Wenn Er aber Ewig ist, dann kann Er nicht erzeugt sein und wenn nichts Seine Existenz hervorgerufen hat, dann verursacht auch nichts außer Ihm Selbst Sein Fortbestehen, das bedeutet, Er ist Unabhängig. Und wenn Er von nichts und niemandem für das Fortbestehen Seiner Existenz abhängig ist, dann kann Seine Existenz kein Ende haben, also ist der Schöpfer Ewig und Beständig. Daher wissen wir, daß Er Unabhängig ist oder aus Sich Selbst heraus Fortbestehend und Immer-Bestehend oder um einen Begriff aus dem Quran zu verwenden: Al-Qayyum “Er ist der Erste und der Letzte”.
Der Schöpfer erschafft nicht nur, um Dinge hervorzubringen; Er erhält sie auch und beendet ihre Existenz und ist der ultimative Grund für alles, was ihnen widerfährt.
“Gott ist der Schöpfer von allem, und Er ist Sachwalter über alles. Ihm gehören die Schlüssel der Himmel und der Erde.” (Quran 39:62-63)
Und Gott sagt auch:
“Und es gibt kein Tier auf der Erde, ohne daß Gott sein Unterhalt obläge. Und Er kennt seinen Aufenthaltsort und seinen Aufbewahrungsort. Alles ist in einem deutlichen Buch verzeichnet.” (Quran 11:6)