Die Geschichte des Quran (teil 2 von 4): Von der geschützten Tafel zur Menschheit
Beschreibung: Wie der Qur´an offenbart, auswendig gelernt und niedergeschrieben wurde.
“Wahrlich, du leitest (sie) auf den geraden Weg.”
(Quran 42:52)
Der Prophet Muhammad, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, der letzte Gesandte Gottes, erhielt den Qur´an in zwei Stadien. Diese vollkommenen Worte Gottes wurden herab gesandt, um die Menschheit aus der Dunkelheit ins Licht zu führen; sie sind eine Rechtleitung und Gnade. Der Qur´an – die Worte Gottes sind vollkommene Worte, von einem vollkommenen Gott an Seine Schöpfung. In der Nacht, die als „Nacht der Macht“ im islamischen Monat Ramadhan bekannt ist, ist der Qur´an herabgestiegen vom der bewahrten Tafel[1] zum untersten Himmel. Dann stieg er in kleinen Etappen vom Himmel auf die Erde hinab.
Die Offenbarung wurde dem Propheten Muhammad durch den Engel Gabriel überbracht.[2] Als der Prophet Muhammad ungefähr vierzig Jahre alt war, begann er, Zeit in tiefer Reflexion zu verbringen. Nach seiner geliebten Frau Aisha[3] wurde ihm die Liebe zur Zurückgezogenheit durch lebendige, gute Träume beschert. Er ging zu einer Höhle, die als Hira bekannt ist, um sich zum Gottesdienst zurückzuziehen und über das Leben und seinen Platz in der Welt nachzudenken.
Eines Nachts im Ramadhan kam ein Engel zu ihm und befahl ihm zu lesen. Der Prophet, der weder lesen noch schreiben konnte, antwortete: ´Ich kann nicht lesen.´ Der Engel hielt ihn dann gewaltsam fest und drückte seine Brust so fest, dass er es kaum aushalten konnte. Dann ließ der Engel Muhammad los und befahl ihm wieder zu lesen. Wieder antwortete er: „Aber ich kann nicht lesen.” Der Engel drückte ihn dreimal gewaltsam und Muhammad antwortete jedes Mal, dass er nicht lesen kann (oder fragte, was soll ich lesen). Da berichtete ihm der Engel die ersten Worte des Qur´an.[4]
“ Er erschuf den Menschen aus einem Blutklumpen. Lies; denn dein Herr ist Allgütig. Der mit dem Schreibrohr lehrt, lehrt den Menschen, was er nicht wusste.”
(Quran 96:1-5)
Nach dieser ersten Offenbarung, die Muhammad beängstigend fand, wurde er eine lange Zeit nicht wieder von dem Engel besucht. Das nächste Mal als er ihn (den Engel) traf, ging er allein. Der Prophet Muhammad hörte eine Stimme vom Himmel. Er blickte nach oben und sah den Engel auf einem Stuhl zwischen Himmel und Erde sitzen. Muhammad hatte Angst und lief Trost suchend nach Hause und ließ sich in Decken hüllen. Die zweite Offenbarung kam während dieser Zeit.[5]
“ Erhebe dich und warne, und verherrliche deinen Herrn, und reinige deine Kleider, und meide den Götzendienst.”
(Quran 74:1-5)
Über die folgenden 23Jahre hinweg bis kurz vor seinem Tod, wurde dem Propheten Muhammad der Qur´an in Etappen offenbart. Verschiedene Gründe wurden dafür angeführt. Einige sagen, er wurde so langsam offenbart, um den Propheten Muhammad zu unterstützen und Themen anzusprechen, wenn sie auftraten.
Aisha, die Ehefrau des Propheten, berichtete, als sie darüber befragt wurde, wie die göttliche Offenbarung zum Propheten kam, antwortete sie: “Manchmal ist es wie das Läuten einer Glocke, diese Form der Inspiration ist die schwerste von allen, und dann vergeht dieser Zustand, wenn ich begriffen habe, was offenbart wurde. Manchmal kommt der Engel in Gestalt eines Mannes undspricht mit mir, bis ich begreife, was er sagt.”.[6] Ibn Abbas beschreibt den Propheten Muhammad, das ser die Offenbarung „mit großer Mühe und schnellen Lippenbewegungen“ ertrug.[7] Wenn dem Propheten Muhammad die Worte des Qur´an offenbart wurden, fing er an, sie auswendig zu lernen.
Auswendig lernen wurde als sehr wichtig angesehen und wurde sogar in den frühen Tagen des Islam weithin praktiziert. Der Prophet Muhammad wies seine Gefährten an, den Qur´an auswendig zu lernen und wandte unterschiedliche Maßnahmen an, um sicherzugehen, dass die Offenbarung in ihren Köpfen bewahrt lieb. Gemäß Ibn Ishaq, einem Zusammensteller einer der ersten Biographien des Propheten Muhammad, war Abdullah Ibn Masood der erste Mann, der den Qur´an öffentlich rezitierte und wurde bei dieser Gelegenheit ernstlich zusammengeschlagen. Der engste Gefährte des Propheten Muhammads Abu Bakr war ebenfalls dafür bekannt, dass er den Qur´an außerhalb seines Hauses in Mekka rezitierte.[8]
Der Quran wurde zu Lebzeiten des Propheten Muhammads von seinen Gefährten auswendig gelernt, und diese Tradition setzte sich in den folgenden Generationen fort. Sogar heute noch lernen Muslime, die nicht in der Lage sind, arabisch zu lesen, genau dieselben Worte, die die Araber des siebten Jahrhunderts auswendig gelernt haben. Die Mehrzahl der Araber waren Analphabeten, wie auch der Prophet Muhammad; allerdings war die Wichtigkeit geschriebener Worte wohlbekannt.
Die göttliche Offenbarung zu bewahren war äußerst wichtig; daher lernten vertrauenswürdige und wissende Menschen den Qur´an auswendig und schrieben die Worte auf. Unter diesen waren vier Männer, die dazu bestimmt waren, Muhammad als Führer der muslimischen Nation zu folgen und ein Mann namens Zaid Ibn Thabit, der maßgeblich daran beteiligt sein sollte, den Qur´an für die vielen Generationen, die noch folgen sollten, zu bewahren.
Materialien zum Schreiben waren schwer zu bekommen und in diesen sehr frühen Tagen wurden Abschnitte des Qur´an auf Tierhäute, helle Steine, Knochen und sogar Baumrinde geschrieben. Die Gefährten schrieben die Worte der Offenbarung nieder und der Prophet Muhammad hörte zu, wie die Männer das Geschriebene rezitierten, um sicherzustellen, dass keine Fehler gemacht wurden. Es kann gesagt werden, dass der Qur´an unter direkter Aufsicht des Propheten Muhammad niedergeschrieben wurde. Der Qur´an wurde nicht in der Reihenfolge offenbart, allerdings wies der Engel Gabriel den Propheten Muhammad an, wie der Qur´an in der göttlich inspirierten korrekten Reihenfolge anzuordnen ist.
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[1] Lauh Al-Mahfuz (die geschützte Tafel) ist das Buch, in das Gott die göttlichen Erlasse und das Schicksal der gesamten Geschöpfe niedergeschrieben hat. Es war vor der Schöpfung bei Gott.
[2] Suyuti’ in Al Itqan Fi Ulum Al Quran, Beirut, 1973, Vol. I pp. 39-40 auf der Grundlage dreier Berichte von 'Abdullah Ibn 'Abbas, in Hakim, Baihaqi und Nasa'i.
[3] Sahieh Al-Bukhari
[4] Dies sind die ersten Worte, die offenbart wurden, nicht zu verwechseln mit dem ersten Kapitel des Qur´an, denn die Abschnitte des Qur´an wurden nicht in der Reihenfolge offenbart.
[5] Sahieh Al-Bukhari
[6] Ibid
[7] Ibid
[8] Ibn Hisham